Es rattert in der grossen Halle. Es ist laut, sehr laut sogar. Die Mitarbeiter an den Fliessbändern müssen ihre Köpfe zusammenstecken, wenn sie miteinander kommunizieren möchten. Ein Mitarbeiter stellt frisch gekochten Eier, die in kleinen blauen Paletten gereiht sind, auf das Fliessband. Die braunen und weissen Eier sind heiss. So heiss, dass man ein Ei nur wenige Sekunden in den Händen halten kann. Hier beginnt der erste Schritt der Eierfärberei-Produktion: Eine Mitarbeiterin, die eine weisse Hygienehaube trägt, kontrolliert mit dicken schwarz-roten Handschuhen jedes einzelne Ei. Auf dem Fliessband entdeckt sie ein sogenanntes Knickei – eines, das beim Kochen gebrochen ist. Die Mitarbeiterin packt das weisse Ei und wirft es in eine blaue Abfalltonne, in der bereits unzählige zerbrochene Exemplare liegen.

Mit der neuen Eierfärberei von «Lüchinger + Schmid» in Flawil wurden acht neue Arbeitsplätze geschaffen. «Für einen renommierten Eier-Spezialisten ist es eine Ehrensache, dass er auch seine Eier selber kocht und färbt», sagt Albert Baumann, CEO Segment Fleisch, Fisch, Geflügel und Ei der M-Industrie. Schliesslich habe die Eierverarbeitung schon seit Jahrhunderten einen festen Platz in der Schweiz. Deshalb mache es nur Sinn das Kochen und Färben von Eiern in die Produktion zu integrieren. Europaweit hat Flawil übrigens die einzige Eierfärberei mit einem Bio-Filter. Das ist besonders für die Luftqualität von grosser Bedeutung, wie Daniel Küpfer, Geschäftsführer der Schiesser IT AG, erklärt. Sein Unternehmen war für die Architektur der Eierfärberei zuständig. «In den Farben, die für die Eierfärbung verwendet werden, hat es den Stoff Ethanol», erklärt Küpfer ausführlich. Dieses Ethanol soll selbstverständlich nicht die Luft und somit in die Umwelt abgegeben werden. «Deshalb wurde auf dem Dach ein Bio-Filter installiert», so Küpfer. Dieser sorge dafür, dass die Luft, die in die Umwelt gelangt, «zu 100 Prozent rein ist.»


25 Millionen Eier werden jährlich bemalt

Die kontrollierten und sortierten Eier gehen nun in Richtung Farbstrasse zu. An diesem Tag werden die Eier mit der Spritz-Methode gefärbt. An dieser Stelle werden die einzelnen Eier automatisch auf einen Ei-Halter gestellt. Es zischt. Gleichmässig. Immer im gleichen Rhythmus. Mit Hilfe von 78 kleinen Farbpistolen werden die Eier nun gleichmässig bemalt. Genutzt werden ausschliesslich Lebensmittelfarben. Auf den Ei-Haltern durchlaufen die proteinhaltigen Lebensmittel ganze drei Spritzstationen. An der ersten Station erfolgt die Grundierung. Gleich danach werden an der zweiten Station vier übereinander liegende Farben gespritzt. An der Station drei bekommen die Eier noch ein Muster – so zum Beispiel eine Kringel oder einen Glanzüberzug. Die komplett gefärbten Eier kommen nun in den Kühlturm. Dieser sorgt dafür, dass die Eier an der Luft gekühlt werden. 45 Minuten dauert dieser Produktionsprozess. Am anderen Ende der Maschine rollen die bereits gekühlten Eier auf das nächste Fliessband heraus.

Ganz neu ist der Standort Flawil für «Lüchinger + Schmid» nicht: Seit Jahren werden hier jährlich rund 80 Millionen Eier kontrolliert und nach Grösse sortiert. Rund zwei Drittel dieser Eier werden in Kartonverpackungen an Schweizer Läden wie beispielsweise die Migros geliefert. Der Rest, das sind dann rund 25 Millionen Eier, wird hier nun auch gekocht und gefärbt. «Davon wird die Hälfte in den zehn Wochen vor Ostern gekocht und gefärbt», sagt Deborah Rutz von der Medienstelle des bekannten Eierproduzenten. Eine beeindruckende Zahl, die zeigt, dass die Eier in Flawil bestimmt nicht einfach mit Piseln bemalt werden. «Mit zwei unterschiedlichen Methoden werden die Eier in unserer Produktion gefärbt», sagt Daniel Rüegg, Unternehmensleiter «Lüchinger + Schmid», während der Führung durch die Produktionshalle. Täglich wechselt die Produktion zwischen der Roll- und Spritzfärbung. Mit der Rollfärbung können stündlich 16 000 Eier in Farbe gerollt werden. «Das ist eine der effizientesten und günstingsten Methoden», erklärt Rüegg. International wird deshalb vor allem die Rollfärbung angewendet. Doch in der Schweiz ist eine ganz andere Methode beliebt: die Spritzfärbung, die 80 Prozent der gefärbten Eier bei «Lüchinger + Schmid» ausmacht. «12 000 Eier können so stündlich gefärbt werden», sagt Rüegg.

 
Daniel Rüegg, Unternehmensleiter «Lüchinger + Schmid», über Fakten und Mythen über das Ei. (Video: Magdalena Ceak)

Über das ganze Jahr bunte Eier

Die frisch gefärbten und gekühlten Eier rollen in eine runde Plastikverpackung. Eine weitere Mitarbeiterin kontrolliert, dass jede Verpackung mit sechs Eiern in sechs verschiedenen Farben – rot, orange, gelb, grün, blau, violett – gefüllt wird. Eine spezielle Maschine schliesst die Verpackungen. Das Fliessband läuft ununterbrochen. Die Ei-Schachteln steuern auf die Etikettiermaschine zu. Automatisch Am Ende des Fliessbandes werden an der letzten Station die etikettierten Schachteln von zwei Mitarbeiterinnen aufgefangen und in graue Paletten gelegt.

«Traditionell werden Eier hauptsächlich für die Osterzeit gekocht und gefärbt», sagt Unternehmensleiter Rüegg. Fakt ist, dass Schweizer Konsumenten das ganze Jahr über gerne gekochte Eier kaufen. Das gekochte Ei wird dann als Picknickei für beispielsweise ein Sandwich oder einen Salat genutzt. Die Eier, die in Flawil gekocht und gefärbt werden kommen mehrheitlich von regionalen Produzenten. «Viele fragen sich, warum die gekochten Eier auch ausserhalb der Osterzeit farbig sind», so Rüegg. Viele wüssten nicht, dass die bunten Schalen einen praktischen Hintergrund haben: Wird ein Ei gekocht, wird die äusserste Schutzschicht der Schale abgewaschen. «So ist das Ei nicht mehr geschützt und Bakterien können problemlos durch die Poren eindringen», weiss Rüegg. Das sei der Hauptgrund, warum die Eier gleich nach dem Kochprozess mit Farbe versiegelt werden. «So ist das Ei wieder komplett geschützt.»

 
Deborah Rutz, Mediensprecherin «Lüchinger + Schmid» erklärt, was mit den männlichen Küken passiert. (Video:Magdalena Ceak)