Schutzanzug, Schutzhandschuhe, Helm, Visier: So ausgerüstet nahm Norbert Jung, erfahrener Mitarbeiter der Etavis Grossenbacher, das Gemeindehaus vom Netz. Sicherung raus. Und dann? Kurz wars im Untergeschoss dunkel, nach einem Wimpernschlag setzte die Notbeleuchtung ein. Ein erster Haken auf der Checkliste konnte gesetzt werden, die Notbeleuchtung funktionierte im ganzen Haus sofort und einwandfrei. So begann ein vierstündiger Testhalbtag im Haus, begleitet von Elektro-, Gebäudetechnik- und Informatikspezialisten.
Mehr als Gemeindehaus
Das Gemeindehaus wurde dazu einerseits ausgewählt, weil es als neues Gebäude viel Technik beinhaltet. Und anderseits, weil das Herzstück der kommunalen Informatik im Gemeindehaus untergebracht ist. Ans Netzwerk angeschlossen sind nebst eigenen Betrieben wie den Technischen Betrieben, der Sozialberatung, der Bibliothek oder dem Werkhof auch «zugewandte Orte» wie die regionale Feuerwehr oder mit dem SeniorenZentrum ein Betrieb, der üblicherweise während 24 Stunden an sieben Tagen Zugriff auf die Informatik braucht. Und wegen dieser breiten Nutzung ist auch nicht verwunderlich, dass die zentralen Informatikeinrichtungen innerhalb des Gemeindehaues ein grosser Stromkonsument sind, wie es im Gemeindeblatt heisst.
Immer unter Alarm
Erfreulich: Der Test brachte wenige Überraschungen. Die Systeme reagieren bei einem Stromausfall fast ausnahmslos so, wie das erwartet wurde. So waren etwa sämtliche Alarmeinrichtungen – von der Brandmeldeanlage über den Einbruchschutz bis zu den Alarmtastern für die Mitarbeitenden im Bedrohungsfall – auch während des Stromunterbruchs uneingeschränkt funktionsfähig. Und diese Systeme funktionierten problemlos weiter, als der Strom wieder eingeschaltet wurde. Einzig der Hintereingang des Hauses liess sich überraschend mit dem Batch nicht mehr öffnen, als der Strom wieder da war. Aus den Erkenntnissen entstand eine Checkliste. Sie beinhaltet beispielsweise auch, was getan werden muss, damit diese Türe wieder funktioniert.
Informatik
Serverinfrastrukturen der Informatik sind auf Dauerbetrieb ausgerichtet und nicht dazu gedacht, regelmässig ein- und ausgeschaltet zu werden. Entsprechend war ein Teil des Tests herauszufinden, wie lange es dauert, die Informatik komplett geordnet herunterzufahren und wieder hochzufahren. Eine wichtige Erkenntnis im Hinblick auf mögliche Stromunterbrüche. Aufgrund der Komplexität der Systeme braucht es eine Stunde, bis die Informatik komplett ausgeschaltet war, etwa eine halbe Stunde brauchte es, bis sie wieder in Betrieb war. Der Test zeigte auch, dass die Notstromversorgung den Betrieb der zentralen Serverinfrastruktur wie geplant nahtlos übernimmt. Sie kann die Server bei einem Stromunterbruch aktuell für etwa dreieinhalb Stunden versorgen. Auch das eine wichtige Erkenntnis. Die Notstromversorgung wird nun so ausgebaut, dass sie etwa die doppelte Zeit abdecken kann. Natürlich kann sie nicht auch die am Netzwerk angeschlossenen PCs versorgen. Aber sie wird nach dieser Anpassung in der Lage sein, die kritische Serverinfrastruktur bei einer zyklischen Netzabschaltung permanent in Betrieb zu halten. Natürlich braucht es im Ereignisfall dann im Zusammenspiel der Akteure noch mehr, damit die Informatik für die Anwenderinnen und Anwender bei zyklischen Netzabschaltungen dann funktionieren, wenn Strom vorhanden ist. So müssen etwa die Verbindungen zum Rechenzentrum funktionieren, wo die Anwendungen und Daten der Grossapplikationen laufen.
Notstrom
Bereits vor einiger Zeit beschafft hat die Gemeinde eine grössere, mobile Notstromversorgung, um ein Abwasserpumpwerk im Falle zyklischer Netzabschaltungen betreiben zu können. Das Pumpwerk hat als einziges kein vorgelagertes Stauvolumen für anfallendes Abwasser. Ohne Notstromversorgung würde ungereinigtes Abwasser dort überlaufen und die Umwelt und ein Gewässer verschmutzen.
Ausleihe ohne PC
Zeitgleich hat die Bibliothek getestet, ob ein geordneter Ausleihebetrieb ohne Informatik möglich ist. Der Samstagmorgen ohne Informatik ist dabei erstaunlich gut abgelaufen. Geholfen hat wohl, dass wegen der Ankündigung des speziellen Betriebes einige Kundinnen und Kunden zeitlich auswichen und der Publikumsaufmarsch am Samstag etwas tiefer war. Wartezeiten gab es trotz «Handausleihe» nicht. Die Ausleihe erfolgte fast wie früher mit handgeschriebenen Zetteln mit den Ausleihefristen. Zurückgebrachte Medien wurden vom Bibliotheksteam einfach deponiert und dann am Montag verarbeitet, als die Informatik wieder lief. Auch die Ausleihen wurden dann in der Informatik nacherfasst. Jolanda Erismann, die Leiterin der Bibliothek: «Das Fazit aus dem Versuchsmorgen ist: Es geht kurze Zeit auch ohne. Ich bin aber dankbar, wenn die Informatik funktioniert.»