Das Jubiläum des Seelsorgerates wurde mit einem historischen wie musikalischen Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre gefeiert. Und es geht weiter in die Zukunft: für die kommenden Jahre wählten die vereinigten Räte als Hauptthema «Frauen in Kirche und Gesellschaft».
Die drei Räte beraten den Bischof, vermitteln Impulse von der Basis und nehmen Stellung zu Anfragen des Bischofs. Ihre Beschlüsse fassen sie im Sinne von Anträgen oder Anregungen. Einmal im Jahr treffen sich die drei Räte zum gemeinsamen Pastoralforum.
Aus zwölf Vorschlägen
Bereits in den Juni-Sitzungen wurden Themen wie Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Lebensanfang/Lebensende oder öffentliche Positionierung der Kirche als Vorschläge zusammengetragen. In Quarten kamen weitere Themen dazu, unter anderem die von der nun aus zwölf Vorschlägen am meisten gewählte Frauenfrage.
«Engagierte Frauen verzweifeln und werden nicht immer ernst genommen, sie bekommen zu wenig Gehör, Verantwortung, Macht», stand auf dem Argumentarium. Besonders bei den jungen Menschen sei dies ein grosses Thema, die Glaubwürdigkeit der Kirche hänge nicht zuletzt davon ab, wie die Kirche künftig mit den Frauen umgehe. Die Ratsmitglieder wünschen sich eine Vorreiterrolle des Bistums St.Gallen. Der Auftrag an die Vorstände der drei Räte ist erteilt. Sie müssen klären, wie eine Weiterarbeit erfolgen wird.
Jubiläumsakt
Am Abend des ersten von zwei Sitzungstagen feierten die Teilnehmenden das Jubiläum des Seelsorgerates. Präsidentin Elisabeth Giger und Vizepräsidentin Gaby Stadler schauten auf die erste Sitzung am 7. Dezember 1968 im Hotel Ekkehard zurück. Damals war Bischof Josephus Hasler im Amt, er knüpfte in seiner Begrüssung an das II. Vatikanische Konzil an und unterstrich die Notwendigkeit dieses neuen Rates, der eine Zusammenarbeit zwischen Bischof, Presbyterium und Laien ermögliche.
Bis heute ist der Seelsorgerat ein beratendes Organ. «Auch wenn der Bischof nicht stets versprechen kann, stets nach den Wünschen der Räte zu handeln, wird er diese sehr ernst nehmen», versprach der damalige Bischof. Seine Nachfolger Otmar Mäder, Ivo Fürer und der heutige Bischof Markus Büchel arbeiteten in diesem Sinne weiter mit den Räten.
«He was glaubst Du?»
Elisabeth Giger und Gaby Stadler nannten diverse Meilensteine der vergangenen 50 Jahre: die Synode 72, Diskussionen über Christenlehre im Schulalter, Schwangerschaftsabbruch oder Jugendseelsorge prägten die ersten Jahre. Über Kirche und Politik oder Exit wurde schon in den 90-er Jahren diskutiert, ab 2000 stand das Bistumsprojekt «He! Was glaubst du?», die Seelsorgeeinheiten, Firmung ab 18 oder aktuell der Prozess Neuland auf der Traktandenliste.
Zu jeder Phase gab es nicht allein Worte, sondern passende Musik aus der entsprechenden Zeit. Roman Rieger und Annette Winter spielten unterstützt von Rhythmus-Instrumenten in der Runde alte Hits wie «San Francisco», «Live is live» oder «O happy day».
An das letzte Lied «O happy day» knüpfte die Rede von Bischof Markus Büchel an. Mit einem Rhythmus-Eis sprach er über die Lage der Kirche von heute: «Auf den Inhalt kommt es an. Wenn sich im Inneren nichts mehr findet, dann gibt es keinen Klang. Die Hülle allein reicht nicht». Bischof Markus Büchel dankte allen, die sich in der Kirche engagieren, sie weiterhin «zum Klingen bringen.
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Kirche und Politik
Ein wesentlicher Programmpunkt in Quarten waren Referate und eine Podiumsdiskussion zum Thema «Kirche in Politik und Gesellschaft». Regierungsrat Beni Würth (CVP), Maria Pappa, Stadträtin St.Gallen (SP) und Michael Götte (SVP), Gemeindepräsident von Tübach, Kantonsrat und Fraktionspräsident, äusserten sich in kurzen Referaten und stellten sich anlässlich der Podiumsdiskussion den Fragen im Saal.
Kirche ist immer politisch
Einleitend hielt Dr. Claudius Luterbacher, Kanzler des Bistums St.Gallen, ein Referat. Er betonte als Ausgangspunkt unantastbare Würde jedes Menschen und den Grundsatz, jedem Menschen sei ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Christsein und gesellschaftliches Engagement gehören für den Sozialethiker zusammen. «Ein unpolitisches Christentum ist unchristlich, die Kirche demnach politisch, ihre Verantwortungsträger können nicht neutral sein», betonte der Kanzler. «Nur wenn die Kirche sich für Menschenwürde, Solidarität und Gemeinwohl einsetzt, nimmt sie ihre eigene Botschaft ernst».
Unterschiedliche Meinungen zum Verhältnis Kirche und Staat, vertraten die drei Exponenten aus der Politik. Alle drei bekennen sich zum Christentum und sind aktive Mitglieder der katholischen Kirche. Maria Pappa sprach über verschiedene Strömungen innerhalb der SP. Die eine sieht die Kirche als «veraltetes Herrschaftsinstrument» und befürwortet die gänzliche Trennung von Kirche und Staat. Eine andere Gruppe bekennt sich zu einem von der Theologie geprägten, religiösen Sozialismus. Beni Würth referierte nicht über die CVP. «Als Regierungsrat mache ich keine Parteipolitik», lautete seine Begründung. Er sprach fundiert über die Papst Enzyklika evangelii gaudium inklusive thematische Links in die Politik. Benedikt Würth bezeichnete die von Papst Franziskus eingeforderte globale, soziale Gerechtigkeit als weltweite, massive Herausforderung und betonte, dass der Pontifex speziell die globale Gleichgültigkeit kritisiere.
Primat des Staates
Zum Thema Kirche und Staat ist für den Regierungsrat der Primat der Politik klar, er sieht aber den Beitrag der katholischen Soziallehre konstruktiv und mit Signalwirkung. Die Diskussionen waren kontrovers. Ein Beispiel ist die Debatte um religiöse Symbole im öffentlichen Raum. Michael Götte betonte die christlich-abendländische Kultur der Schweiz. Er zitierte aus dem SVP-Parteiprogramm das fordert, Kreuze im öffentlichen Raum zu respektieren und zu tolerieren. Maria Pappa vertrat die Sicht der SP, wonach keine Religion bevorzugt behandelt werden dürfe, also folglich das Kreuz zu verbannen sei, oder aber anderen religiösen Symbolen zusätzlich einen Platz zu geben.
Benedikt Würth schloss an mit dem vermeintlichen Gegensatz Religionsunterricht in der Schule und dem Prinzip Neutralität des Staates in religiösen Angelegenheiten. Er betonte die Wahlfreiheit und forderte gleichzeitig auf, diese Diskussion endlich auch von der pädagogischen Seite her zu führen: «Pädagogik ist nie in irgendeiner Weise wertfrei». Michael Götte wird sich dafür einsetzen, dass seine Kinder auch künftig den Religionsunterricht innerhalb der Schule besuchen können, respektive ab der Mittelstufe die Wahl haben zwischen ERG Schule und ERG Kirche. Er kritisierte, dass die SP dogmatisch gegen die Präsenz der Kirchen in der Schule kämpfe, obwohl niemand gezwungen werde, den von den Kirchen verantworteten Unterricht zu besuchen. Maria Pappa erklärte, dass auch in der SP nicht alle gegen die heutige Kooperation von Kirche und Schule seien. Es gehe grundsätzlich um die Frage, ob eine Religion wertvoller sei als die andere und damit um gleiche Rechte.
Die Diskussion war spannend und brachte die Gewissheit, dass die Exponenten der drei Parteien in manchen Bereichen nicht dasselbe vertreten, trotzdem sind sie als Christinnen und Christen und aktive Kirchenmitglieder miteinander unterwegs. Wie alle Christinnen und Christen sollen sie sich dabei die Frage stellen, ob ihr Handeln Zielen wie Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit dient. «Denn», wie Kanzler Claudius Luterbacher betonte, «man darf keinen künstlichen Gegensatz zwischen beruflicher und gesellschaftlicher Tätigkeit auf der einen Seite und dem religiösen Leben auf der anderen konstruieren». (pd)