Was haben ein Politiker und ein Dirigent gemeinsam? Für die 20. Ausgabe der Gesprächsreihe «Persönlich im Hof zu Wil» hatte der Bronschhofner Autor und Moderator Roland P. Poschung zwei Persönlichkeiten in das Wiler Wahrzeichen geholt, die eine fruchtbare Gesprächskonstellation ergaben. Auf dem einen Stuhl sass der Salzburger Dirigent und Professor an der Universität Mozarteum Josef Wallnig, auf dem anderen der St. Galler Regierungsrat und kürzlich wiedergewählte Ständerat Benedikt Würth.
Was also haben sie gemeinsam, der Politiker und der Dirigent? Die Antwort lautete, etwas verkürzt gesagt: Beide führen. Im Gespräch ging es dann vor allem um das Wie des Führens und darum, wie man eben nicht führen sollte. «Der Dirigent ist von der Haltung her ein Diktator», stellte Wallnig selbstreflexiv in den Raum. Und legte mit einem Zitat des deutsch-rumänischen Dirigenten Sergiu Celibidache sogleich nach: «Dirigenten sind verkappte Diktatoren, die sich glücklicherweise mit Musik begnügen.»
Überspitzt könnte man sagen, dass Würth etwas Ähnliches über die Rolle des Exekutivpolitiker sagte, als er über seinen Wechsel von der Stadtregierung von Rapperswil-Jona in den St. Galler Regierungsrat sprach: Nach Jahren des tatkräftigen Gestaltens habe er erst wieder lernen müssen, sich im politischen Klein-Klein mit Parlament und Departementen zurechtzufinden.
«In einer Demokratie muss es schräg tönen.»
Der Dirigent und der Politiker waren sich einig, dass zu führen «ein Privileg» sei, das in der Politik wie in der Musik nur mit Fingerspitzengefühl gelinge. Würth blieb im Bild, als er zwischen Parlament und Orchester den schönen Vergleich zog: «In einer Demokratie muss es schräg tönen.» Wallnig betonte seinerseits, dass es eben darum ginge, «spielen zu lassen», also so zu motivieren, dass auch der zweiten Klarinette klar sei, «dass sie wichtig ist.» Und das eben nicht als Diktator, sondern als «primus inter pares», als Erster unter Gleichen. Am Ende des Gesprächs liess dann aber der Moderator den Dirigenten spielen. Sanft, aber mit Nachdruck wurde Wallnig von Poschung an den Flügel komplimentiert, wo er einen Satz aus einer Mozart-Sonate spielte.
Die nächste Berühmtheit kommt
Während der Professor am Flügel sass, bereitete im Hintergrund der Leiter der Volkshochschule Wil Daniel Schönenberger die Jubiläumstorte vor, die es anschliessend an das Gespräch zum Apéro gab. Seit dem Jahr 2014 hat Poschung im Hof zu Wil zwanzig Gespräche mit interessanten, nicht selten auch berühmten Gäste geführt – vom Wiler Arzt Christoph Niederberger über die deutsche Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek bis zu Weltraumforscher Timm Riesen und Bergretter Bruno Jelk, der am Matterhorn schon über 1000 Menschen geborgen hat. Sie alle kamen ohne Gage und Spesen, wobei die von weither angereisten nicht selten in Poschungs Haus in Bronschhofen übernachteten. Möglich sei dies nur dank seinem grossen Netzwerk, das er in vierzig Jahren Arbeit im Medienbereich geknüpft habe, so Poschung. Das nächste Highlight ist schon in der Pipeline: Im März kommt mit dem Astronaut Claude Nicollier der bisher einzige Schweizer, der die Erde vom Weltraum aus gesehen hat.