Beim «Persönlich im Hof zu Wil» verstand es Roland P. Poschung einmal mehr, die Ehrengästen auf eine subtile und angenehme Art «auszuhorchen».Zwar hatten sich bis vor einigen Tagen nur wenige Gäste für das «Persönlich im Hof zu Wil» angemeldet (Ferien, OLMA,Traumwetter), mit vereinten Kräften konnte aber eine erfreuliche Besucherschar angelockt werden. Schliesslich durfte man Interessantes aus dem Leben der beiden national und international tätigen Ehrengäste erfahren. Die obligaten Horoskope, gelesen von Helena Hohermuth, fehlten auch nicht. Daniel Schönenberger, Leiter der Volkshochschule Wil, begrüsste die Gäste.
Im Namen der Bevölkerung
Roland Poschung hatte sich sehr seriös vorbereitet und stellte allgemein interessierende Fragen. Die beiden Themen scheinen auf den ersten Moment weit auseinander, haben aber in der Realität wesentliche Gemeinsamkeiten. Das zeigt sich im Moment, wenn es um die Olympischen Spiele «Sion 2026» in der Schweiz geht, wo der Sport ohne die Politik kaum etwas bewirken kann. Eine Milliarde Franken hat der Bundesrat zugesagt, was Barbara Gysin enorm hoch findet und vor allem den Gigantismus anprangert. Sie ist überzeugt, dass die Spiele nicht stattfinden, speziell dann nicht, wenn das Volk an der Urne zustimmen müsste.
Olympiade im bescheidenen Rahmen
Ralph Stöckli hingegen betonte, dass eben dieser Gigantismus nicht geplant sei, die Spiele sollen in einem bescheidenen Rahmen ablaufen. Einziges grösseres Projekt wäre die Sprungschanze. In der Schweiz nicht gängige Sportarten wie Eisschnellauf gingen in Nachbarländer. Ausser dem Wallis würden den Anlass auch die Kantone Waadt, Bern, Freiburg und Graubünden mittragen.
Die engagierte Politikerin
Die Politik war der früheren Wiler Stadträtin und heutigen Nationalrätin Barbara Gysi nicht auf die Fahne geschrieben. Ihre Jugend verbrachte sie mit zwei Geschwistern in einem zürcherischen Bauerndorf, wo sie sich verschiedentlich engagierte. Leichtathletik und Kunstturnen waren ihre grossen Hobbys. Eine Zeit lang pflegte sie auch das Gleitschimfliegen und absolvierte etwa 200 Flüge. Die Kanti hätte sie gerne geschmissen, um Floristin zu werden – aber es kam anders. Sie wurde Sekundarlehrerin im naturwissenschaftlichen Bereich und bildete sich anschliessend zur Sozialpädagogin aus. Das brachte sie nach und nach in Richtung Wil, wo sie der SP beigetreten ist.
Statt FraP die SP
Heute ist Barbara Gysi eine Vollblutpolitikerin und gehört dem linken Flügel der SP an. «In meinem früheren Wohnkanton wäre ich wohl zur FraP (Frauen machen Politik) gegangen», meinte sie. Soziales und Ökologie sind ihr sehr wichtig. Sie setzt ihre Kraft gerne für die Mitmenschen ein, arbeitet geduldig, aber beharrlich Schritt für Schritt an einer Aufgabe. Sie sei zwar ein Realist, habe aber auch Visionen und Utopien. Sie unterstützt Veränderungen in der Gesellschaft, wo vor allem der lokale Bereich mehr Möglichkeiten bietet. In der Politik gelte es, neue Wege zu suchen und Chancen anzupacken. Sie engagiert sich auch im Gewerkschaftsbund und im Personalverband des Bundes.
Der begeisterte Sportler
Ralph Stöckli ist in Henau aufgewachsen, hat sich dort sportlich intensiv betätigt mit Fussball, Eishockey, Curling, Tischtennis und so weiter, ist gross geworden mit Matthias Seeger und hat das Schöne am Mannschaftssport kennengelernt. Für seine Eltern war eine berufliche Karriere im Sport allerdings kein Thema. So machte er eine Lehre bei der Bühler AG und studierte später an der Sporthochschule Magglingen. Heute lebt er mit seiner Familie in Bern.
Erfolgreicher Curler
Ganz spontan bringt man Ralph Stöckli mit Curlingsport in Verbindung, ist er doch mit seinem Team Gewinner verschiedener Medaillen an Grossanlässen, in Vancouver 2010 war es gar die Bronzemedaille. Chef de Mission könne man nicht anstreben, man würde gewählt, erklärte er, das heisse: zum richtigen Zeitpunkt, mit dem richtigen Rucksack am richtigen Ort sein. Nach den Winterspielen in Sotschi wurde er Nachfolger von Gian Gilli und führte die Olympia-Delegation in Rio de Janeiro an. Die Erfahrungen mit Rio hätten sich für ihn etwas anders dargestellt, als üblich zu hören, meinte er auf die Frage von Barbara Gysi. Sicher sei nicht alles rund gelaufen. Andererseits habe die Multimillionen-Stadt dank der Olympiade heute eine Kläranlage und weitere positive Entwicklungen. „Wenn die Sportler in Korea wieder so erfolgreich sind, können wir mehr als zufrieden sein“, betonte er. Ihm ist es wichtig, dass die Athleten nicht verpolitisiert werden, sondern für den Sport da sind.
Unterstützung für den Breitensport
Beide Ehrengäste sind sich einig, dass die Unterstützung der Jugend im Breitensport sehr wertvoll ist. Ralph Stöckli ist grundsätzlich auch zufrieden, wie es in der Schweiz mit dem Leistungssport läuft. Die Frage „braucht die Schweiz den Spitzensport“ beantwortete er mit einem überzeugten JA. Er sei Antrieb für die Jugend und ein herrliches Aushängeschild für unser Land. «Wenn ich beim Empfang in Zürich all die jungen Giulias oder Nicos beim Fanen und Strahlen sehe, geht mir das Herz auf», betonte er. Er ist überzeugt, dass man fast alles vorkehren kann für einen Grossanlass, die Sicherheitsrisiken allerdings nicht abzuschätzen sind. Nach ein paar lustigen Anekdoten genossen die Gäste den Apéro.






