«Das hart angesparte Geld war fürs Alter gedacht. Wenn ich gewusst hätte, dass es ein riskantes Geschäft ist, hätte ich es nicht gemacht.» Das sagte jener Mann am Montag vor Gericht, der um 130'000 Franken geprellt worden ist. Doch was war passiert? Es begann alles ganz harmlos Der Mann aus der Region wandte sich an eine Beratungsfirma in Oberbüren, um eine neue Krankenkasse abzuschliessen, Das hat auch geklappt. Doch bei einem zweiten Treffen ging es plötzlich um Investitionen. Konkret wurde über Aktienkäufe der Santander Estate AG gesprochen. Eine Firma, die in den Jahren 2012 und 2013 auf der Suche nach Investoren war. Sieben Franken kostete eine Aktie. Pro Jahr und Aktie war eine Wertsteigerung um einen Franken in Aussicht gestellt. Der Gewinn sollte vornehmlich im Fussballgeschäft erwirtschaftet werden, und zwar mit Beteiligungen an Sportlerlizenzen im Transfermarkt.
Es schien eine lukrative Sache zu sein – und vertrauenswürdig obendrein. Der Mann liess sich auf den Deal ein und kaufte im November 2012 für 50'000 Franken Aktien. Im Frühjahr 2013 kamen weitere Aktien für 80'000 Franken dazu, weil ihm gesagt worden war, der Wert sei innerhalb weniger Monate schon um einen Franken gestiegen. «Es war mir als sichere Investition verkauft worden. Risiken standen gar nicht zur Debatte», sagte der Mann. Die Sache wirkte ferner vertrauenswürdig, weil die Santander Estate AG gegenüber der Oberbürer Firma Verträge mit Fussballern zeigen konnte, an denen sie scheinbar beteiligt war. So kursierten Kontrakte von Armando Sadiku, der heute beim FC Lugano in der Super League spielt, und Kwang-Ryong Pak, der damals beim FC Basel unter Vertrag war und zuvor auch kurz beim FC Wil mitgewirkt hatte.
Zu wenig informiert?
Doch der Knall folgte schon bald. Im Jahr 2014 verhängte die Finanzmarktaufsicht (Finma) den Konkurs über der Santander Estate AG, nachdem diese gar nie aktiv gewesen sein soll. Es war also alles ein grosser Betrug. Laut dem «K-Tipp» fand der Konkursliquidator in der Kasse der Santander Estate AG 634 Franken und es gab offene Forderungen in der Höhe von knapp 2,8 Millionen Franken.
Bei der Santander Estate AG ist also nichts mehr zu holen. Der eingangs beschriebene Mann klagt nun gegen die Oberbürer Vermittlungsfirma und will von dieser die 130'000 Franken zurück. Am Montag fand vor dem Kreisgericht Wil in Flawil die Verhandlung statt. Dabei wurde der Firma vorgeworfen, die Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Gar von «massiven Pflichtverletzungen» war die Rede. So hätte deren Vertreter nicht auf die Risiken dieses Aktienkaufs hingewiesen. Auf der Gegenseite wurde argumentiert, eine Investition im Fussballgeschäft sei automatisch mit Risiken verbunden. «Jeder weiss, dass ein Aktienkauf ein risikoreiches Vorhaben ist», sagte der Rechtsanwalt der beklagten Firma. Das Urteil wurde am Verhandlungstag zwar noch nicht gesprochen, liegt nun aber vor: Die Firma muss dem Mann die 130'000 Franken zurückbezahlen. Zusammen mit den Gerichts- und Parteikosten muss über 150'000 Franken bezahlt werden.
Firma mittlerweile inaktiv
Es ist fraglich, ob der Mann sein Geld zurückbekommen wird. Denn die Oberbürer Firma ist mittlerweile nicht mehr aktiv und dürfte nun konkurs anmelden. Die Gretchenfrage aber ist: Wo sind die 130'000 Franken und die anderen rund 2,65 Millionen Franken hingekommen? Alle am Prozess beteiligten Personen konnte es nicht sagen.