Es sind ungewisse und wegweisende Tage bei der Rudolf-Steiner-Schule Wil. Wie genau am kommenden Montag das neue Schuljahr losgeht, steht auch wenige Tage davor noch nicht fest. Hintergrund: Es mangelt an Anmeldungen, und somit an Geld. Entschieden ist bereits, dass es genau 40 Jahre nach der Gründung erstmals keine Schule mehr geben wird. Im vergangenen Jahr hatte es noch drei jahrgangsübergreifende Klassen zwischen dem 1. und dem 9. Schuljahr gegeben. Zwischen 24 und 28 Kinder waren beschult worden.

Da für das neue Schuljahr die Anmeldungen weitgehend ausgeblieben sind, musste der Vorstand im Frühjahr eine starke Reduktion des Schulangebots veranlassen. Will heissen: Es gibt noch zwei Spielgruppen und einen Kindergarten, aber keine Schule mehr. Kindergärtnerin und Spielgruppen-Leiterin Alina Glass denkt aber nicht ans Aufgeben und spricht von einem Neuanfang. Sie hofft, dass dereinst wieder eine Klasse gebildet werden kann.

Entscheid fällt in den nächsten Tagen

Doch um diese Pläne in die Realität umzusetzen, muss es nun weitergehen. Es braucht sechs Anmeldungen für einen Kindergarten, damit der Betrieb aufrechterhalten werden kann. Eine provisorische Betriebsbewilligung hat die Rudolf-Steiner-Schule Wil schon. Vor den Sommerferien waren es laut den „Wiler Nachrichten“ erst zwei Anmeldungen. Wie viel es in der Zwischenzeit sind, kann Glass noch nicht genau sagen. Noch würden Gespräche laufen und es gebe „ein paar Interessenten“. Den definitiven Entscheid, wie es weitergeht, fällt spätestens am Freitag.

Klar ist laut Alina Glass, dass es weitergeht. Denn für die Spielgruppe braucht es keine Betriebsbewilligung. «Es laufen derzeit Gespräche mit der Stadt Wil betreffend subventionierte Plätze in der Frühförderung», sagt die Kindergärtnerin.

Jahrelanger Kampf mit den Finanzen

Wie ernst es Glass mit ihrem Vorhaben meint, zeigt nur schon die Tatsache, dass diesen Sommer einerseits Renovierungsarbeiten an den Gebäuden vorangetrieben wurden und noch immer laufen. Andererseits werden die vier Gebäude, welche der Wiler Rudolf-Steiner-Schule gehören, nicht verkauft – jedoch teilweise vermietet. In erster Linie geht es um die beiden Gebäude an der Säntisstrasse. Für knapp die Hälfe aller Räume seien schon Mieter gefunden worden, sagt Glass. Weitere werden gesucht – womöglich auch für das dritte Gebäude. Somit würde noch ein Haus behalten für die Spielgruppen und den Kindergarten. Auch diese Mieteinnahmen sind wichtig, um die Finanzierung des verbleibenden Schulangebots sicherstellen zu können.

Noch im Mai war gefeiert worden – nämlich das 40-jährige Bestehen der Rudolf-Steiner-Schule Wil. In den vergangenen Jahren waren die Finanzen fast durchgehend ein Thema. 2013 erfolgte der Zusammenschluss mit der Rudolf-Steiner-Schule St. Gallen, vier Jahre später wieder die Loslösung, weil der Standort Wil sonst hätte geschlossen werden müssen. Ein eigener Verein ist nun für Wil zuständig. Doch warum ist es so anspruchsvoll, Kinder zu finden? „Ausser in den grossen Städten haben es die Steiner Schulen in der Schweiz schwer. Leider erhalten die meisten Schulen keine Subventionen. Viele Eltern würden ihre Kinder gerne an eine Steiner-Schule bringen, vermögen es aber schlicht und einfach nicht», sagt Alina Glass. Aus ihrer Sicht würden gerade in der heutigen Zeit die Kindergärten der Steiner-Schulen den Kindern die Möglichkeit bieten, sich ganzheitlich und in geschütztem Rahmen zu entwickeln.

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Zu wenig Schüler, zu viel Platz: Die Schule muss mehr als die Hälfte aller Räume in den vier Häusern vermieten, um Einnahmen generieren zu können.