Ursprünglich war Arthur Wyss als Nachfolger in der Leitung des Maler-Familienbetriebs vorgesehen. Es zog ihn in eine andere Richtung. Er wurde ein Künstler, der sich als ein Übermittler versteht, der eine geistige Welt in sichtbare Bilder manifestiert.Ab und zu geht der Blick von Arthur Wyss am Gesprächspartner vorbei und verharrt in einer unbestimmten Ferne. Es ist kein Ausdruck von Desinteresse am Gegenüber, es ist ein Anzeichen von Nachdenklichkeit und von Tiefgang. Bei der Beschäftigung mit dem Künstler wird klar, dass er ein Mensch ist, der den Dingen nachspürt und ihnen auf den Grund gehen will. Sieht er sich selber als eine Person mit ausgeprägter Tiefgründigkeit? „Mit einer Tiefgründigkeit, die auch erhebend wirken soll“, entgegnet er schmunzelnd.

Licht des Abends
Ein Bespiel für die Vertiefung ist ein Jahr, in dem er sich ausschliesslich dem Malen gewidmet hat. In dieser Auszeit Ende der achtziger Jahre beschäftigte er sich mit den Lichtphänomen in der Abenddämmerung. Das Ergebnis seiner Studien stellte er damals im Eisenwerk Frauenfeld aus, das heute als regional anerkannte Kulturinstitution gilt.
Andere Dimensionen
Manchmal spricht der Künstler zögerlich, er prüft und wählt seine Worte ganz genau. Arthur Wyss würden sagen: „bewusst“. „Bewusst“ und „Bewusstsein“ sind Wörter die im Gespräch immer wieder fallen. Sie sind ihm offensichtlich ein grosses Anliegen. „In der heutigen Zeit sind wir gefordert, genau zu prüfen, was in und auf uns wirkt.“ Beispielweise könne man zu einem Menschen vordergründig lieb und nett sein, doch die Gedanken diesem Menschen gegenüber seien womöglich alles andere als freundlich. Wir würden heute erkennen, dass hinter der materiellen Ebene andere Dimensionen wirkten.
Steiner Schule mitbegründet
Das Bewusstsein ist für Arthur Wyss auch beim Malen gefordert. Seiner Ansicht nach ist der Künstler ein „Tor“, durch das sich Geistiges sichtbar mache. Diese Art von Denken erinnert an den Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner. Tatsächlich steht ihm dieser Gelehrte sehr nahe. „Ich komme immer wieder auf ihn zurück, und seine Sichtweise wird mir je länger je wichtiger.“ Arthur Wyss gehört zu den Mitbegründern der Steiner Schule Wil. Während 20 Jahren Jahre unterrichtete er dort selber.

Bücher als Inspiration
Arthur Wyss ist offensichtlich jemand, der sich nicht mit klugen Formulierungen und wohlklingenden Worthülsen zufrieden gibt, vieles wird abgewogen und schliesslich akzeptiert oder aber verworfen. Derzeit beschäftigt er sich viel mit Theologie. „Ich komme dabei immer wieder auf das Christentum zurück, allerdings auf das Urchristentum, das heute kaum mehr lebbar ist.“

Er lese sehr viel, erklärt er. Diese Aussage bestätigt der kleine Stapel an Büchern auf dem Tisch, die deutliche Spuren des häufigen Gebrauchs aufweisen. Er vertiefe sich in die Werke von Johann-Wolfgang von Goethe, Hermann Hesse, Thomas Mann, Rudolf Steiner, Ludwig Hohl und Botho Strauss, erklärt er.

Genaue Arbeitsweise
Seine ausgeprägte Sorgfalt zeigt sich auch in seinen Bildern. Manche sind mit unzähligen winzigen Punkten übersät, die sich im Auge des Betrachters zu einer Wahrnehmung von Farben und Formen zusammenfügen. Andere bestehen aus Farbstreifen. Sie scheinen millimetergenau gemalt. Sie sind keine Werke eines temperamentvollen Künstlers, der in kühnen Pinselstrichen seine Bilder komponiert, es sind sehr akribisch ausgeführte Arbeiten. Ihre Genauigkeit lässt den Betrachter nicht unberührt.

Resultat von Prozess
Die verschiedenen Nuancen in den Formen und Farbübergängen verleiten dazu, sich länger und wiederholt mit einem Bild zu beschäftigen. Immer wieder fällt einem bisher Unbemerktes auf. Es sind keine Werke, die einem in ihrer Wirkung fast erschlagen, oder die gefällig und effekthascherisch wirken. Sie scheinen das Ergebnis eines langen Prozesses, der sich einem nicht auf den ersten Blick vollständig erschliesst. „Ich darf sagen, dass die Bilder den Besuchern meiner Ausstellungen Freude bereiten“, erklärt Arthur Wyss mit einem Lächeln, das in keiner Weise selbstgefällig wirkt.

Ursprünge
Angefangen hatte es mit seinem kreativen Schaffen im Pubertätsalter. Er wuchs in einem Malerei-Familienbetrieb im Solothurnischen auf. Sein Grossvater fertigte in seinem Ruhestand ab und zu kleine Zeichnungen an. Er animierte seinen Enkel, es ihm gleich zu tun. Arthur Wyss nahm damals an einem Zeichnungs- und Malwettbewerb des Schüler-Pestalozzikalenders teil. „Ich schickte ein Stilleben mit der Brille des Grossvaters und einer Kerze, ein Selbstportrait sowie ein Landschaftsbild ein.“ Der Nachwuchskünstler wurde mit dem ersten Preis prämiert.

Professionelle Ausbildung
Später absolvierte er eine Lehre als Maler im väterlichen Betrieb, den er eines Tages übernehmen sollte. Doch sein Lebensweg führte in eine andere Richtung, er durchlief die Ausbildung zum Zeichenlehrer an der Kunstgewerbeschule in Zürich. Heute nennt sie sich Hochschule für Kunst.

Arthur Wyss unterrichtete später selber ein kleines Pensum an dieser Bildungseinrichtung. Pädagogik und die Arbeit mit Menschen gefallen ihm, er leitete während einiger Jahre eine Theatergruppe für Jung und Alt, wie er erzählt.

Zahlreiche Ausstellungen
Das Malen begleitete ihn stets nebenher, mehr oder weniger intensiv, je nach den zeitlichen Möglichkeiten. Gleichwohl sind im Laufe der vielen Jahre rund 1600 Bilder in kleinen und in grossen Formaten entstanden.

Viel zu erledigen
Im AHV-Alter könnte er sich nun entspannt zurücklehnen und nur dann zum Zeichenstift oder zu Pinsel und Palette greifen, wenn ihm danach ist. In seinem Alter sei die Lebensspanne begrenzt, da müsse man seine Zeit gut planen und einteilen, sagt er bei der Verabschiedung. Im künstlerischen Bereich habe er noch einiges zu erledigen. Seiner Meinung nach hat der Künstler einen Auftrag in der Welt zu erfüllen.
www.arthurwyss.ch