In ihrer Brust schlagen zwei Herzen – mindestens. Sie fühlen sich in Wil zuhause, aber nicht nur. Einige der zahlreichen Secondos traten in Wil auf die Bühne, um ihre Geschichte zu erzählen. So zum Beispiel Arber Bullakaj, Wiler Stadtparlamentarier und Nationalratskandidat. Letzteres ist möglich, weil der Kosovare seit 13 Jahren Schweizer und Wiler Bürger ist. «Ich bin Schweizer und Albaner», sagte er. Bullakaj setzt sich dafür ein, dass auch Ausländer eine Stimme in der Schweizer Politik bekommen. «Momentan bestimmen jeweils nur rund 15 Prozent aller Menschen über den Ausgang einer Vorlage. Die anderen gehen entweder nicht zur Abstimmung, sind noch nicht volljährig oder haben keinen Schweizer Pass.»
Auch die zweite Organisatorin des Anlasses, Mirta Sauer, hat Einiges zu erzählen. In Zagreb geboren, kam sie als 6-Jährige in die Schweiz. Seit 1990 besitzt sie auch den rotweissen Pass. «Das Chaos hat mir am Anfang gefehlt und ich war emotional tiefgefroren. Wenn ich aber nun in Kroatien Papiere machen muss, bin ich ganz gerne Schweizerin.» Wie die Lehrerin die Integration in der Stadt Wil einstuft, sehen Sie hier im Video:
Aus dem Keller auf die Brücke
Am meisten unter die Haut ging die Lebensgeschichte des 22-jährigen Flüchtlings Hamid Abdullahi, der seit dem Jahr 2012 in der Schweiz lebt. Offen berichtete der Afghane davon, wie sein Vater vor den Taliban flüchten und er selber zwei Jahre lang im «Keller» leben musste. Mit «Keller» ist Asylunterkunft in Rickenbach gemeint, welche bis vor Kurzem noch unter der Erdoberfläche war, fernab von Tageslicht. Irgendwann wurde es ihm zu viel und er stürzte sich von der Autobahnbrücke beim Wiler Mc Donald’s Richtung Tod. «Zum Glück lebe ich noch», sagte der gut Deutsch sprechende, lebensfrohe junge Mann. Er fand schliesslich beim damaligen Wiler Stadtparlamentarier Kilian Meyer Unterschlupf. «Ich bin nun sechs Jahre in der Schweiz und würde gerne wählen. Aber ich frage mich, wann ich den Schweizer Pass bekomme. Ich möchte noch etwas erreichen.»
Ebenfalls zur jüngeren Generation gehört Valentina Kovacevic. Die heute 26-Jährige ist im 20. Lebensjahr eingebürgert worden. 53 Bewerbungen waren nötig, bis sie eine Lehrstelle gefunden hatte. Neun Monate brauchte es, bis eine Wohnung gefunden war. «Ein Teil meiner Heimat ist in Bosnien, ein anderer im Allee-Schulhaus.» Heute ist sie medizinische Praxisassistentin und Religionspädagogin in Ausbildung.
«Vielfalt als grösste Stärke
«Es gibt Barrieren für Migranten und auch Unterschiede zwischen Generationen», sagte Arber Bullakaj in seinem Fazit. Er spielt darauf an, dass mittlerweile die Italiener die guten Ausländer seinen, ganz im Gegensatz zu jenen aus dem Balkan. «Vielfalt ist unsere grösste Stärke. Es ist wichtig, nicht über Migranten zu reden, sondern mit ihnen», sagte der Wiler Stadtparlamentarier. Und weiter: «Integration ohne Mitsprache ist ein Widerspruch. Migranten müssen in den wichtigsten Posten vertreten sein. Was alle angeht, können wir nur gemeinsam lösen.»