An der Medienorientierung am ersten Tag der Sommerferien wurden – das war auch nicht zu erwarten – keine Zukunftsperspektiven für die heutigen Spitalstandorte aufgezeigt. Damit kann auch zu den Standorten in unserer Region – Wil, Flawil und Wattwil – nichts Neues gesagt werden. Regierungsrat Marc Mächler, Vorsteher des Baudepartementes, widersprach aber dem oft gehörten Vorwurf, die für den Ausbau der öffentlichen Spitäler vor fünf Jahren bewilligten 805 Millionen Franken seien in den Sand gesetzt. 635 Millionen seien mit dem Grobkonzept des Verwaltungsrates konform. Auch der Rest werde im Sinne des Auftrages zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung eigesetzt.
Lenkungsausschuss erarbeitet Lösungen
Der Lenkungsausschuss setzt sich aus Mitgliedern der Regierung und des Verwaltungsrates zusammen. Ihm gehören die Regierungsmitglieder Heidi Hanselmann, Gesundheitsdepartement (Leitung), Benedikt Würth, Finanzen, Marc Mächler, Bau, sowie Felix Sennhauser, Verwaltungsratspräsident der Spitalverbunde, und Yvonne Biri, Mitglied des Verwaltungsrats, an. Die Aufgabe des Lenkungsausschusses ist es, eine solide Grundlage zu erarbeiten, die es erlaubt, der Regierung und dem Parlament einen Vorschlag zu machen, den auch die Bevölkerung nachvollziehen und akzeptieren kann. Der Vorschlag muss auch eine qualitativ gute Gesundheitsversorgung garantieren und den vier Spitalverbunden gleichzeitig unternehmerische Sicherheit bieten.
Drohendes Defizit als Damoklesschwert
Heidi Hanselmann gab einleitend einen kurzen Abriss über die aktuelle Situation. Schweizweit haben sich die Rahmenbedingungen und der Kostendruck für die Spitäler verschärft. Eingriffe des Bundes in die Tarmed-Tarifstruktur und Vorgaben für ambulante statt stationäre Behandlung erlaubten keine Kostendeckung mehr. Kürzere Spitalaufenthalte, mehr ambulante statt stationäre Behandlungen, Reduktion der Bettenzahl waren für Verwaltungsratspräsident Felix Sennhauser Alarmzeichen. In fünf Jahren könnte statt des momentan noch positiven Jahresergebnisses ein Defizit von 70 Millionen Franken resultieren.
Alarmglocken zeigten Wirkung
Die Prognose des Verwaltungsrates zeigte Wirkung. Landauf und -ab wird über mögliche Auswirkungen spekuliert und diskutiert. Die Regierung will nun mit dem Lenkungsausschuss Sachlichkeit und Zielführung in die Diskussion bringen.
In der ersten Phase werden die von der Regierung formulierten Fragestellungen bearbeitet. Die Entscheidungsgrundlagen müssen erweitert werden. Die unternehmerische Sicht des Verwaltungsrates gilt es mit der gesundheits- und finanzpolitischen Sicht des Kantons zusammenzuführen. Im Frühjahr 2019 sollen erste Zwischenergebnisse vorliegen.
Standorte und Nutzungskonzepte
In der zweiten Phase wird die Ausgestaltung nach Standorten konkretisiert. Für jeden Standort soll ein Nutzungskonzept (stationär oder ambulant), Betriebs-, Führungs- und Organisationsmodell und dessen finanzielle Auswirkungen ausgewiesen werden. Nach Abschluss dieser Phase werden Kosten-Nutzen-Analysen und die Auswirkungen auf den Staatshaushalt, die Spitalunternehmungen, die Region, die Bevölkerung, das Versorgungsangebot und die Krankenkassenprämien vorliegen. Diese zweite Phase wird fünf bis acht Monate dauern.
In der dritten Phase, die inklusive die parlamentarische Beratung rund 15 Monate dauert, wird eine Botschaft zuhanden des Kantonsrates erarbeitet.
Auswärtige Projektleiterin
Mit der Leitung des Projekts wird Monika Engler beauftragt. Sie ist Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft und Technik HWT Chur. Die Projektleitung umfasst ein 50-Prozent-Pensum. Monika Engler wird von Fachleuten aus dem Gesundheitsdepartement unterstützt. Bei Teilprojekten können weitere Fachleute zugezogen werden.
Eine Quadratur des Zirkels?
Das Projekt ist ausserordentlich komplex und aufwändig. Es soll darüber aber offensiv informiert und die Bevölkerung einbezogen werden. So wird der Lenkungsausschuss in den kommenden Monaten in allen acht Wahlkreisen persönlich vorsprechen und informieren. Ausserdem steht der Bevölkerung die Homepage spitalzukunft.sg.ch zur Verfügung.
«Wir stehn enttäuscht und sehn betroffen: Den Vorhang zu und alle Fragen offen.» Mit diesem Zitat aus Bert Brechts ‘Der gute Mensch von Sezuan’ hat Marcel Reich-Ranicki jeweils sein literarisches Quartett beendet. Dem Lenkungsausschuss ist zu wünschen, dass es ihm gelingen möge, wenigstens die grundlegenden Fragen zu klären.