Der Wechsel der amtierenden Ständerätin Karin Keller-Sutter (FDP) in den Bundesrat macht eine Nachwahl notwendig. Die grosse Auswahl mit bekanntlich sieben AnwärterInnen hinterlässt einen gewissen «Jekami-Eindruck», dass dieses politische Amt auch mit minimalen politischen Erfahrungen machbar ist. Die Diskussionsrunde unter der Moderation von Mario Schmitt (SVP) hinterliess ein etwas anderes Bild, dass der Ständerat im Gegensatz zum Nationalrat eine etwas grössere Portion Gesamtschau voraussetzt.

Die Frauenbesetzung fortsetzen

Nach Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) soll nach Erika Forster, Karin Keller-Sutter der Platz im Ständerat wieder einer Frau zugestanden werden. Sie verkörpere die liberale Frau, auch aus bürgerlichem Haus kommend. Über die Zustimmung von SP-Frauen freut sie sich. Neben Freiheit und Fortschritt sei auch Gemeinsinn gefragt für offene Beurteilungen.

Benedikt Würth, CVP-Finanz-Direktor in der St. Galler Regierung, sieht seine Erfahrungen als damaliger Stadtpräsident von Rapperswil-Jona mit vorangehender Fusion der beiden Orte und sein nun längeres Wirken in der St. Galler Regierung, zuerst als Volkswirtschaftler, aktuell als Finanzchef, als gute Voraussetzung, sich erfolgreich mit komplexen Verfahren im Ständerat auseinandersetzen zu können. Hinzu komme sein bereits funktionierendes Netzwerk national als Präsident der Finanzdirektoren.

Mike Egger (SVP), nachrutschender Nationalrat für Toni Brunner, will sich im Ständerat als Handwerker einbringen, sozusagen als Gegenpol zu den mehrheitlich akademischen Mitgliedern. Es gelte auch für den Ständerat die Bevölkerung über alle Generationen abzubilden.

Bundesfinanzen

Benedikt Würth stellt fest, dass rund 70% der Ausgaben gebundener Natur seien. Sparen könne man nur in wenigen Bereichen, wie Landwirtschaft oder Innovation. Ihm fehlt die ganzheitliche Betrachtung. Da werde der grossartige Überschuss von 3 Mia. für 2018 gepriesen. Gleichzeitig wisse man, dass dem AHV-Fond bis 2030 bereits 7 Mia. Franken fehlen, eine bereits heute bedrohliche Situation. Würth stört weiter, dass in Bern immer mehr reguliert wird, bezahlen müssten aber die Kantone, geschehen z.B. mit der Erhöhung der Prämienverbilligung, Kostenpunkt 7 Mio. Franken, ohne deren Notwendigkeit zu bestreiten.

Susanne Vincenz-Stauffacher thematisierte die Vorlage Unternehmenssteuerreform vom 19. Mai. Darin liege ein guter Kompromiss, weil damit auch eine Mini-Revision der AHV umgesetzt werde. Allerdings sei die AHV damit nicht gerettet, sondern mehr Zeit für eine echte Revision gewonnen. Sie votierte dazu auf Anpassung des Rentenalters für Frauen, längerfristig auch das Rentenalter erhöhen.

Mike Egger stört die Vermischung der Unternehmenssteuerreform USR) mit der AHV. Er wünschte sich separate Abstimmungen. Der AHV-Einbezug diene nur dazu, die Linke für die Vorlage zu gewinnen. Dazu konterte Würth, dass auch rund ein Drittel der SVP für die Vorlage einstehe. Es gelte jetzt der Realität in die Augen zu schauen, dass ohne USR bald Handelskonflikte die Wirtschaft lähmen werden. Kritik erhielt Egger auch von Vincenz, dass die SVP keine Alternative anbiete. Separat abstimmen könne zu einem Ja bei der AHV führen und einem Nein zur USR, ein kaum wünschbares Szenario.

Einigkeit zu Themen der Armee

Dass es Mittel für neue Kampfjets braucht, war unbestritten. Würth will einfach klar wissen, wofür man 5 Mia. ausgeben will, votiert eher für schrittweises Vorgehen, zuerst Flugzeuge, dann Fliegerabwehr. Vincenz sieht eher das ganze Paket in einem Zug zu beschliessen, was auch Egger zustimmend zur Kenntnis gab.

Krankenkassenprämien

Mike Egger stört sich an den horrenden Werbungen, den hohen Medikamentenpreisen. Auch brauche es mehr Eigenverantwortung, sollen die Prämien nicht laufend steigen. Susanne Vincenz votierte für abgestimmte Franchise-Erhöhungen, je nach Krankheitsbildern. Weil Ambulant (100% Krankenkassen) und stationär (50% Kanton) unterschiedlich finanziert seien, müsse für die günstigere Verlagerung zu ambulant eine neue Finanzierung gefunden werden.

Beni Würth stört die Menge und Überbehandlungen. Die Tarifstruktur fördere bessere Angebote für Privat-Kunden. Störend seien auch die Lohnmodelle der Ärzte. Ambulant gehöre bevorzugt.

Verwaltung mit Eigendynamik

Nach Egger gilt es den Verwaltungsapparat in Bern zu hinterfragen. Zu viele Kampagnen belasteten. Die 36'900 Angestellten kosteten satte 6 Mia. Franken. Würth relativierte, dass der Hauptharsch sich im VBS (Militär und Sicherheit) befinde. Weil in der Verwaltung immer mehr mit eigener Agenda agiert werde, müsse der Bundesrat mit engerer Führung reagieren. Auch Vincenz stört sich an der starken Einflussnahme der Verwaltung, teils gar mit erzwungenen Umsetzungen.

Rahmenvertrag mit der EU

Nach Vincenz geht es um eine nüchterne Betrachtung. Die Schweiz wolle weiterhin mit der EU zusammenarbeiten, die Bilateralen seien der Erfolgsweg. Der Lohnschutz sei eine reine Vollzugsfrage. Zu ihrer Haltung und der FDP-Kehrtwende erhielt sie seitens Beni Würth Kritik, dass es faktisch ungeschickt sei, jetzt mit klarer Zustimmung zu reagieren. Die EU arbeite aktuell erst auf Kommissionsebene. Die CVP votiere zwar auch für ein Ja, aber mit der Forderung nach Klärungen. Bekanntlich seien fünf Geltungsbereiche betroffen.

Mike Egger (SVP) liess sich nicht von seinem klaren Nein zum Rahmenvertrag abbringen. Zuviele binnenmarktrelevante Themen seien betroffen, welche letztlich unsere demokratischen Strukturen ausblenden werden. Würth konterte: Der Marktzugang sei nur über die Bilateralen gesichert, ohne, nützten auch die WTO-Verträge nichts. In mehreren Bereichen habe die Schweiz schon heute EU-Recht 1:1 übernommen. Nach Vincenz ist die SVP-Ablehnung mehr Wahlkampf.

Zum letzten Thema, Migrationspolitik, sieht Mike Egger das Problem, dass der Anteil Sozialhilfe für Ausländer hohe 47% beträgt. Mehr Leute im Land, bedeute auch mehr Emissionen. Nach Würth gilt es Migration auch aus der Warte des Fachkräftemangels zu betrachten. Das griffige Asylrecht setze die Beibehaltung des Schengen-Abkommens voraus, was die Zustimmung zur Waffenrichtlinie der EU fordere. 

Kritik statt Fragen

Vincenz betonte, dass eine Ablehnung der Waffenrichtlinie fahrlässig wäre, weil die Schengenkündigung die Folge wäre. Mit dem beschleunigten Verfahren per 1. März komme Bewegung in die Verfahren und der Fachkräftemangel dürfe nicht ausgeblendet werden. 

Die abschliessende Diskussionsrunde ergab weniger Fragen an die Kandidaten, als vielmehr Kritik an der aktuellen politischen Situation, z.B. Gelder ins Ausland zu verschleudern, statt den eigenen Leuten z.B. die AHV zu sichern.