Bereits ist die Saison 2017/2018 bei KULTUR IM KINO oder kurz KiK vorbei. Ganz unterschiedliche Darbietungen konnten auch diesmal wieder in den bequemen Sesseln des Uzwiler Kinos City genossen werden. Am letzten Abend liessen Klaus Gremminger und Reto Trunz den Tiger frei und verblüfften damit ihr Publikum, ohne es allzu sehr zu ängstigen.Wo ist Anette?
Vor Beginn der Zaubershow flimmerten die unerlässlichen Sponsoren über die Leinwand. Es ist natürlich blöd, wenn zu Beginn eines Programms weder die Assistentin noch die Requisiten auf der Bühne sind. Doch Reto und Klaus wissen sich zu helfen. Allerdings müssen sie erst ausdiskutieren, was sie denn nun anbieten wollen, da ja eben alles fehlt, war nötig wäre. Welche Vorlieben hätte wohl das Publikum?

Schnell sieht und hört man: Reto ist die Sprechmaschine des Duos, Klaus eher der stille Tüftler. Man sieht das schon an der Kleidung: Klaus steht elegant in Schwarz da, während Reto eine eigentliche Tigerkluft trägt, darunter ein riesiges Falkentatoo – welches man allerdings erst viel später zu sehen bekommen.

Illusionen, Illusionen…
Anette wird nun einfach in Gedanken – geistig quasi – vorgestellt. Gross, blond und schlank, trifft Reto auf sie in der Bibliothek. Und schon braucht es einen Zuschauer auf der Bühne. Dieser soll ein Wort aus einem Buch denken – und – oh Wunder! – genau dieses Wort findet einer der beiden Zauberkünstler heraus – und Reto zeigt es sogar als Tatoo auf seinem Rücken.

Zuschauer als Mitwirkende
Allein scheinen die Zwei nicht gerne auf der Bühne zu stehen. Immer wieder werden Leute aus dem Publikum zum Mitmachen auf die Bühne gebeten, wenn nicht freiwillig, dann halt mit leichtem Zwang dazu überredet.

Ganz im Stile des legendären Uri Geller verbiegen die beiden Löffel. Auch hier braucht es eine Mitspielerin aus dem Publikum. Reto meint dazu: „Ich wollte schon immer jemanden aufgabeln!“ Ob da allerding eine derart verbogene Gabel helfen würde. Eine weitere Weisheit der Beiden heisst: „Auch mit guten Gedanken kann man krumme Dinge machen“

Zensurschere
Zum Glück haben die Zeitungsredaktionen in der Umgebung keine Zensurschere – man nimmt das wenigstens an. Aber Klaus hat eine solche. Aus einem Zeitungsverriss ihrer Zaubershow liest er unter dem Titel „Das Ende der Zauberkunst“ vor, wie schlecht die beiden Magier doch seien. Darauf bekommt er ausgerechnet vom Uzwiler Gemeindepräsidenten Lucas Keel eine verlangte Zensurschere.

Sorgfältig schneidet Klaus nun den Papierstreifen so auseinander, bis jemand HALT ruft. Erstaunlicherweise heisst es jetzt plötzlich ganz positiv: „Effekte doch ganz anständig dargeboten“ – oder wenigstens so ähnlich. Wenn es doch nur immer so einfach wäre! Was natürlich aber noch viel mehr verblüfft: Im Publikum sitzt eine Person, die zu Beginn ein verschlossenes Couvert in die Hand gedrückt bekam. Und was steht da auf dem hervorgekramten Zettel? Absolut genau der gleiche Satz. Zauberei oder Illusion?

Angriff auf die Handtasche
Vor der Pause suchen die Zwei nun ganz hektisch nach Utensilien, die sie für ihre Zaubershow gut gebrauchen könnten. Reto aber meint frech: „Den Rest suchen wir uns einfach aus den Handtaschen der Damen hier im Saal heraus.“ Und weil die Handtasche eines der persönlichsten Dinge einer Frau ist, werden nun diese Täschli unter den Arm genommen. Es stehen ja sowieso schon genügend Dinge auf dem Bühnentischchen.

Wo ist der Tiger?
Vier Stühle werden in der Pause aufgestellt, daran Tiernamen angeklebt. Drei – Tiger, Löwe und Serval - sind sehr bekannt, einen Manul kenne aber vermutlich die wenigsten, glaubt Reto zu wissen. Klar ist, dass auch diesmal Leute aus dem Publikum gebraucht werden, welche sich einem der Tiere verwandt fühlen. Nun führen sie eine improvisierte Raubtiernummer auf. Doch es taucht kein Tiger auf. Wie heisst es doch so schön? „Die Zone ist „Tigerfrei“!“

Papierschlacht im Saal
Natürlich darf in so einem Programm eine Liebesgeschichte nicht fehlen. Die von den zwei Tigerbändigern erzählte endet in einer wahren Papierschlacht im Saal aus. Erst verteilen sie vier ihrer kostbaren Flyer an jede Person, dazu einen farbigen Filzstift. Nun soll die erste Liebe, dann die grosse wahre Liebe aufgeschrieben werden, auf dem dritten Flyer soll ein Symbol für dieses Phänomen stehen und – nicht zu vernachlässigen – auch das mögliche Scheitern als Bild auf dem vierten Papier. Und nun folgt eine abenteuerliche Verarbeitung dieser Begriffe und Symbole.

Immer wieder wird das Publikum aufgefordert, nach einer Halbierung aller Zettel, einen solchen Teil fortzuwerfen, bis der Kinosaal aussieht wie nach einer ausgearteten Demonstration. Ob diese weggeworfenen Begriffe und Symbole wohl alle in einem nächsten Programm wiederverwertet werden?

Krimi als Zwischengeschichte
Die Geschichte mit Anette entwickelt sich zum Krimi. Die Kaninchen wurden den Tigern verfüttert, Tigerbalsam gab es aus den Innereien der vergifteten Tiger, Anette nahm ebenfalls ein tragisches Ende – das wird alles vor dem Publikum genüsslich ausgebreitet. Dabei schlägt die Geschichte immer wieder Haken, genau wie früher der Lieblingshase von Klaus. Plötzlich jongliert Klaus mit zwei Äpfeln und einer Zitrone, plaudert dazu pausenlos, bis auch die Zitrone Haken schlägt.

Alles erscheint so leicht und irgendwie improvisiert, dabei ist alles Absicht. Das Publikum lässt sich gerne täuschen, auch wenn manche vielleicht gerne wissen würden, warum eine simple Glühbirne in der Hand des einen Zauberers plötzlich in hellem Licht erstrahlt, obwohl weit und breit kein Kabel zu sehen ist. Oder wie man Gedankenlesen kann. Aber darin besteht ja gerade der Reiz. Man möchte wieder einmal so richtig staunen können. Bei Klaus und Reto konnte das Publikum dies während eineinhalb Stunden immer wieder tun.

Kurzbiografien
Reto Trunz, Jahrgang 1984, ist Primarlehrer, sein kultureller „Dienstausweis“ lang und vielfältig. Die genauen Angaben können auf dem Internet nachgelesen werden – siehe Links im Kasten. Er hat schon diverse Publikumspreise gewonnen. Er mischt das Publikum auf, hat keine Hemmungen, jemanden auf die Bühne zu „zerren“ und überlässt die feinen Töne seinem Partner Klaus Gremminger, *1975. Dieser arbeitet in seinem „bürgerlichen“ Leben als Pastoralassistent in der Christkönig-Pfarrei Niederuzwil. Auch Gremminger hat schon viele Preise gewonnen, ist beispielsweise Preisträger der Schweizermeisterschaften der Zauberkunst. Das Programm „Tiger frei!“ haben sie gemeinsam erarbeitet.


Kultur im Kino

Klaus und Reto –Tiger frei

Wikipedia – der Manul

Diese Lebensweisheiten zeigten auch Klaus und Reto

Martin von Barabü – Puzzle des Lebens

Der künstlerische Werdegang von Reto Trunz