Dieses Urteil wird für Diskussionen sorgen: Ein in Wil wohnhafter Somalier «holt sich, was er gerade möchte», um es in den Worten der Staatsanwältin zu formulieren. «Dies bei jeder Gelegenheit» - und bei weitem nicht immer auf legale Art. Selbst für den Verteidiger ist sein Mandant «mit seiner Situation hoffnungslos überfordert» und «in Wil bekannt als bunter Hund».
Tatsächlich ist die Liste mit den Straftaten bereits lang, obwohl der seit 2015 arbeitslose Mann noch nicht einmal 26-jährig ist. Erst gut ein Jahr ist es her, seit er vom Kreisgericht Wil in Flawil zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt worden ist. Um einen Landesverweis kam er damals herum. Er musste ins Gefängnis Saxerriet, wo er bis Ende 2017 sass. Keine drei Monate später folgten die nächsten Straftaten. Er betrat einen Denner in Wil, obwohl er für diese Ladenkette ein landesweites Hausverbot aufgebrummt bekommen hat. Der vorläufig aufgenommene Asylsuchende stahl zweimal Geld aus der Kassakassette von Bussen am Bahnhof Wil. Er stahl auch Lebensmittel aus dem Avec am gleichen Ort. Als ihn diese Aktion schliesslich auf den Polizeistützpunkt Oberbüren geführt und er dort seine Aussage gemacht hatte, zerkratze er beim Herauslaufen die Sichtschutzfolie einer Glasscheibe und beschädigte einen Rollladen des Polizeistützpunktes. «Das ist an Dreistigkeit kaum mehr zu überbieten», sagte die Staatsanwältin im Rahmen der Verhandlung am Donnerstag.
Die Geschichte mit der Türfalle
Zwei weitere Taten, die ihm zur Last gelegt wurden, stritt der Somalier ab. So hat er laut Staatsanwaltschaft eines nachts in das Restaurant Pilgerhaus in Maria Dreibrunnen einbrechen wollen, weshalb er die Sitzplatztüre mit einem Schraubenzieher aufzuwuchten versuchte. Es misslang. Obwohl die Polizei einige Minuten später in nur 600 Metern Entfernung einen dunkelhäutigen Mann in gleicher Kleidung aufgriff und dieser die Türfalle des Restaurant Pilgerhaus auf sich trug, sagte der dunkelhäutige Mann vor Gericht, er sei es nicht gewesen. «Ich bin in den Griff gefahren und habe ihn aufgenommen.» Der Richter war dann aber doch der Überzeugung, dass der Somalier beim Pilgerhaus war.
Auch bei der Löwen-Apotheke in Wil kam es zu einem Zwischenfall, der dem 25-Jährigen angekreidet wurde. Er soll ins Gebäude eingedrungen sein, um Medikamente zu stehlen. Und das just in jener Apotheke, bei welcher er für gewöhnlich legal seine Medikamente bezieht. Obwohl das Handy des Angeklagten in jener Nacht in der Apotheke gefunden wurde, gab der Mann vor Schranken an, nur vor dem Gebäude gewesen zu sein und nicht in diesem. Auch hier war der Richter aber überzeugt, dass er Sozialhilfebezüger die Medikamente gestohlen hat. Alle diese Taten ereigneten sich binnen weniger als dreier Monate.
Womöglich nur noch wenige Tage im Gefängnis
Die Staatsanwältin forderte neben einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe auch eine Busse von 500 Franken, eine Geldstrafe von 5400 Franken auch einen fünfjährigen Landesverweis. «Er scheint unbelehrbar zu sein und reichlich unbeeindruckt von den bisherigen Gerichtsverfahren. Zudem zeigt er keine Reue», sagte die Staatsanwältin. Und weiter: «Sein Respekt vor der Rechtsordnung ist mehr schlecht als recht.»
Das vom Gerichtspräsidenten verlesene Urteil sorgte bei der Staatsanwaltschaft für Kopfschütteln. Denn auf einen Landesverweis wird erneut verzichtet. Weil es lauter geringfügige Diebstähle waren, liege keine so genannte Katalogtat vor – und somit auch keine obligatorische Landesverweisung. Der Somalier bekam eine viermonatige Haftstrafe, eine Busse von 100 Franken und eine Geldstrafe von 5400 Franken aufgebrummt. Weil die Haftstrafe nicht bedingt ist, konnte keine stationäre Massnahme angeordnet werden. Da er die vergangenen knapp vier Monate bis zur Verhandlung bereits im Gefängnis verbracht hat und dies angerechnet wird, ist der Somalier in wenigen Tag auf freiem Fuss, wenn die 5400 Franken bezahlt werden. «Wenn Sie ein nächstes Mal nach einem grossen Diebstahl hier sind, dann fliegen sie aus der Schweiz», sagte der Gerichtspräsident abschliessend.