Für die Gruppengründung in Wil suchen Sie derzeit interessierte Personen. Wie sieht die Nachfrage aus?

Sobald die dunkle Jahreszeit naht, steigen die Anfragen zum Thema Depression. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Winter mit dem Gruppenaufbau starten können und die ersten Treffen in Wil organisieren können.

Weshalb will man in der Region Wil eine Selbsthilfegruppe gründen?

Die Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell ist für die Kantone St.Gallen und beider Appenzell zuständig. Wir unterstützen Initiativen von Betroffenen zu Gruppengründungen auch in den Regionen.

Über psychische Erkrankungen und Probleme wird oft und gerne geschwiegen. Ist es also entsprechend schwierig, an interessierte Personen heranzukommen?

Das ist richtig. Umso wichtiger ist es, dass über psychische Krankheiten offen diskutiert wird und auch die Medien über psychische Krankheiten und deren Hilfestellungen berichten. Die Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell ermöglicht einen möglichst niederschwelligen Zugang zu unseren rund zweihundert verschiedenen Selbsthilfegruppen. Bei Bedarf bieten wir Klärungsgespräche an, in welchen wir, gemeinsam mit den Betroffenen, die für sie optimale Hilfestellung suchen.

Wie können depressive Menschen erreicht werden, damit sie sich eben Hilfe holen und nicht noch mehr in sich kehren?

Das ist natürlich sehr individuell. Ein Patentrezept gibt es kaum. Sicherlich wichtig ist, dass die Bevölkerung zu Themen der psychischen Gesundheit sensibilisiert ist. Alle müssen wissen, wie sie ihre psychische Gesundheit stärken können und wo sie im Falle einer psychischen Erkrankung Hilfe erhalten. Wissen stärkt. Das Ostschweizer Forum für psychische Gesundheit leistet dazu hervorragende Arbeit. Hausärzte erreichen Betroffene beispielsweise sehr gut. Betroffene können aber auch über Angehörige oder Freunde erreicht werden. Falls Sie jemanden in ihrem nahen Umfeld haben, der deutliche Symptome zeigt, sprechen Sie die Person an und unterstützen Sie sie dabei, sich professionelle Hilfe zu holen. Übrigens, auch für Angehörige gibt es Selbsthilfegruppen. Betroffene zu begleiten, ist oftmals ein langer Weg. Auf diesem Weg sind auch Angehörige auf eine Hilfestellung angewiesen.

Wie sieht das Angebot einer Selbsthilfegruppe überhaupt aus?

Selbsthilfegruppen gibt es zu vielen Themen und in unterschiedlichen Formen, die alle eines gemeinsam haben: Menschen mit demselben Problem, einem gemeinsamen Anliegen oder in einer gleichen Lebenssituation schliessen sich zusammen, um sich gegenseitig zu helfen. Betroffene und Angehörige erleben in der Selbsthilfegruppe Hilfe und Solidarität, werden selber aktiv und übernehmen Verantwortung. Selbsthilfe kann bei psychischen und körperlichen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen oder in sozialen Lebensfragen Halt und Unterstützung geben. Das macht die Selbsthilfe zu einer wichtigen und anerkannten Säule des schweizerischen Gesundheits- und Sozialwesens.

Wie kann denn eine Selbsthilfegruppe dabei unterstützen, aus der Depression herauszukommen?

In einer Selbsthilfegruppe erfährt man Verständnis. Das Gespräch unter Betroffenen tut gut. Zu erfahren, dass es anderen genauso geht, befreit, und zu reden, ohne sich erklären zu müssen, ermutigt. Neues auszuprobieren ist einfacher, wenn andere den gleichen Schritt tun. Wenn die Depression einen Ort hat, wo sie im Mittelpunkt sein darf, wird der Alltag entlastet. Die Teilnahme in einer Selbsthilfegruppe hilft auch, aus der Einsamkeit auszubrechen. Wieder einer sozialen Gruppe anzugehören, stärkt enorm.