Uzwil ist kein archäologischer Hotspot. Die Schutzverordnung bezeichnet einige archäologische Schutzgebiete, vor allem rund um ehemalige Burgstellen. Wer dort ins Gelände eingreifen will, braucht eine Bewilligung der Archäologie. Ausserhalb dieser Schutzgebiete wird wenig vermutet. Trotzdem kann bei Bauarbeiten immer wieder etwas unerwartet im Untergrund freigelegt werden.
Der Zweckverband Sonnmatt erweitert derzeit das Angebot der Altersbetreuung. Auf eben dieser Baustelle stiessen die Bauarbeiter beim Aushub auf eine historische Struktur. Martin Schindler, Leiter der Kantonsarchäologie, erklärt, dass alle neu entdeckten archäologischen Fundstellen durch das Gesetz geschützt seien. Entdeckungen müssten sofort der Kantonsarchäologie gemeldet, die Arbeiten eingestellt werden. Das wurde in Uzwil gemacht.
Wohl aus dem Armen- und Waisenhaus
Die Archäologie entschied, die Fundstelle fachgerecht zu dokumentieren – und erachtete in diesem Fall als vertretbar, dass anschliessend auf der Baustelle wie geplant weitergearbeitet werden konnte. Sie nahm Teile des Fundes mit. Und nahm in Kauf, dass die Fundstelle durch die weiteren Arbeiten zerstört wird. Martin Schindler: «Das Wissen über die Fundstelle ist gesichert und dokumentiert. Das ist für diesen Fund ein angemessenes Ergebnis.»
Was aber schlummerte da im Untergrund der Sonnmatt? Martin Schindler: «Beim Fund handelt es sich um einen so genannten Sodbrunnen. Das ist ein im Boden eingetiefter Brunnen, der Grund- und Regenwasser sammelte. Er war um die 13 Meter tief und gehört in die Zeit vor der Erschliessung mit Wasserleitungen. Vermutlich dürfte er zwischen 1880 und 1910 entstanden sein.» Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um ein Überbleibsel des früheren Armen- und Waisenhauses handeln dürfte. Und wie hat der Brunnen funktioniert? Nochmals Martin Schindler: «Spannend ist, dass auch der Rest einer Pumpe noch im Brunnenschacht stand. Der Länge nach durchbohrte Baumstämme dienten als Saugrohr, welches bis auf den Grund des Brunnens reichte. Unten hatten sie Ansauglöcher. Wer Wasser fördern wollte, bediente oben einen Pumpenhebel. Damit das Wasser oben wie gewünscht heraussprudelte, brauchte es Ventile und Zugstangen.» Das Innenleben des Sodbrunnens hat die Archäologie mitgenommen, um weitere Untersuchungen vorzunehmen.
Genaue Untersuchung
Die Steine des Sodbrunnens sind auf dem Baustellenareal zwischengelagert. Die Sonnmatt will sie am Schluss für die Umgebungsgestaltung verwenden. Die Archäologie untersucht Teile des Fundes weiter. Sie will beispielsweise den Fund noch präziser zeitlich einordnen können. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass Archäologie nicht im Mittelalter aufhört. (gk/red)