Normalerweise nimmt der Gemeinderat nicht Stellung vor einer Abstimmung. Doch dieses Mal erachtet es die Münchwiler Behörde «angesichts der aktuellen Diskussion als richtig und wichtig», dies zu tun. Was damit angedeutet, wenn auch nicht explizit gesagt wird: Nicht alle Argumente, die im Umlauf sind, entsprechen seiner Meinung nach der Wahrheit. Darum erläuterte die Münchwiler Exekutive am Freitagmittag vor den Medien, warum aus ihrer Sicht am 20. Oktober dem Landverkauf an der Waldeggstrasse zugestimmt werden soll. Mitten im Dorf sollen knapp 4700 Quadratmeter Land mit drei gemeindeeigenen Immobilien an die HRS Investment AG in Frauenfeld veräussert werden. Geplant sind 34 Eigentumswohnungen im Rahmen des Projektes «Riverenza».
Neben den Finanzen sieht der Gemeinderat als zentralen Punkt, dass an bester Lage mitten im Dorf «eine attraktive Wohnüberbauung» sowie «ein öffentlich zugänglicher Fuss- und Radweg entlang er Murg» entstehen würde. Der Grundsatz der Innenverdichtung würde umgesetzt. Das Projekt habe einen «politisch transparenten Prozess durchlaufen», an dem die Bürgerschaft massgeblich beteiligt gewesen sei.
HRS bot mit Abstand am meisten
Im emotional geführten Abstimmungskampf sorgt wiederholt für Diskussionen, dass mit «Riverenza» nicht jenes Bauprojekt realisiert werden soll, welches bei der Münchwiler Bevölkerung am besten angekommen ist. Diese hatte die Möglichkeit, die fünf von einer Jury priorisierten Projekte zu bewerten und dem besten einen Punkt zu geben. Der Preis wurde bewusst nicht genannt, um diesem kein Gewicht zu geben. «Riverenza» bekam 80 Punkte, das bestbewertete Projekt deren 90. HRS machte schliesslich doch das Rennen, weil das Unternehmen klar am meisten Geld für den Landkauf bot. Es sind 3,4 Millionen Franken – und somit 835'000 Franken mehr als der zweithöchst Bietende.

Ein wichtiger Puzzle-Stein ist der Werkhof, welcher sich auf besagtem Land befindet. Dieser kann laut Gemeindepräsident Guido Grütter aus baulichen und betrieblichen Gründen dort nicht mehr lange betrieben werden, da der Zahn der Zeit schon merklich am Gebäude genagt hat. «Das Feuerwehrdepot sehen wir nach Rücksprache mit allen Verantwortlichen der Feuerwehr derzeit als geeignetsten Standort an. Es können heute, morgen und übermorgen wichtige Synergien und gemeinsame Entwicklungspotentiale genutzt werden», so der Gemeinderat. Im Herbst 2020 soll an der Urne über den neuen Werkhof abgestimmt werden – vorausgesetzt, es gibt am 20. Oktober ein «Ja» zum Landverkauf. Erst wen der neue Werkhof errichtet ist, wird «Riverenza» erstellt.
Sanierung würde Millionen kosten
Sagen die Münchwiler in gut zwei Wochen «Ja» zum Landverkauf an der Waldeggstrasse, ist für die geplante Überbauung noch ein Gestaltungsplan und eine Baubewilligung nötig. Dabei kann auch auf die Materialwahl wie beispielsweise die Fassade Einfluss genommen werden. «Wir versprechen, dass wir wie bisher für ökologische, energiesparende und nachhaltige Bauten einstehen werden», schreibt der Gemeinderat. Gibt es ein «Nein», gehen die Planungen laut der Behörde von vorne los – und an den alten bis baufälligen Häuser müssen Sanierungen in der Höhe von gut 2,2 Millionen Franken getätigt werden.
Für den Gemeinderat ergibt sich ein «Ja» für den Landverkauf. Gemeindepräsident Guido Grütter unterstrich an der Medienorientierung allerdings, dass man der Sache emotionslos begegne. Trotzdem wäre ein «Ja» Balsam auf die Seele der Behörde, nachdem vor zwei Jahren eine Abstimmung über die Sanierung der Hauptstrasse durch das Dorf hochkant bachab geschickt worden war, womit die Pläne des Gemeinderates jäh geknickt wurden.
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Die Argumente des Pro-Komitees (1.10.):
Die Gründung das Pro-Komitees ist als direkte Reaktion auf die Aktionen der Gegner, welche getrieben sind von den Ortsparteien SVP und Grüne sind, zu sehen. Diese haben vergangene Woche ein emotionales Inserat in der Lokalzeitung «Regi – die Neue» geschaltet und in einem Flyer aufgezeigt, wieso aus ihrer Sicht auf den Verkauf zu verzichten ist.
Doch worum geht es eigentlich? Die Politische Gemeinde Münchwilen will die drei Liegenschaften Waldeggstrasse 4, 5 und 7 mitten im Dorf verkaufen – und zwar für 3,4 Millionen Franken an die HRS Investment AG in Frauenfeld. Diese würde eine Überbauung mit 34 Eigentumswohnungen und einer Tiefgarage errichten an jener Stelle.
Häuser nicht mehr bewohnbar
Nun formiert sich also Widerstand gegen den Widerstand. Das überparteiliche Pro-Komitee, dem bereits rund 50 Personen angehören, hat ein wichtiges Ziel: die Diskussion versachlichen. «Alle Argumente der Gegner können sachlich entkräftet werden», sagt Patrick Hubmann von Pro-Komitee. Für Aufruhr gesorgt hat zum Beispiel die Aussage, Tafelsilber werde verkauft. Hanspeter Wehrle vom Pro-Komitee entgegnet: «Das Tafelsilber ist angelaufen. Warum reinigen wir es nicht?» Er spielt damit darauf an, dass sich die Häuser in einem derart bedenklichen Zustand befinden, dass sie grossteils nicht mehr bewohnbar sind.
An der Presseorientierung am Dienstagnachmittag wurde auch über mögliches «Gift in der Murg» diskutiert. Die Gegner befürchten, dass die angedachten Kompaktfassaden mit Bioziden behandelt würden – und diese in die Murg gelangen könnten. Beim Pro-Komitee ist man sich einig, dass heute so gebaut wird, dass kein Gift in den Bach gelangt. Rund drei Viertel aller neuen Häuser in der Schweiz werden laut dem Pro-Komitee mit Kompaktfassaden errichtet, ohne dass etwas passiert wäre.
Auch Befürworter mit Flyer
Auch die Befürworter des Landverkaufs warten mit einem Flyer auf. Sie werden diesen am Freitag dieser Woche streuen. Darin ist etwa zu lesen, dass die Zentrumszone mit der geplanten Überbauung ideal genutzt und nachhaltig aufgewertet werde. Zudem spare die Gemeinde mehrere Millionen Franken für aufwändige Renovationen und Umbauten ohne Aussicht auf einen Gewinn.
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Werkhof wird nicht eingemietet (1.10.):
Die Debatte um den Verkauf drei Gemeinde-Liegenschaften an der Waldeggstrasse in Münchwilen wirft Wellen. Ein zentraler Punkt in der ganzen Diskussion ist der Werkhof. Werden die drei Liegenschaften verkauft, braucht es einen neuen Standort für ihn. Wo er künftig zu liegen kommt, ist noch nicht bestimmt. In erster Priorität wird ein Anbau an das Feuerwehrdepot angestrebt. Dieses Vorhaben erhält nun Aufwind. Denn der Gemeinderat hat die Ausgangslage an einer Klausurtagung am vergangenen Wochenende nochmals analysiert und spricht sich nun gegen die Variante «Einmietung bei privaten Unternehmen» aus. Die Behörde hält eine gemeindeeigene Infrastruktur für die beste Lösung. «Einerseits wünschen wir uns für den neuen Werkhof eine dauerhafte Lösung. Andererseits entstehen bei Mietverträgen immer Abhängigkeiten», lässt der Gemeinderat in einer Mitteilung verlauten. Es gehöre zum Konzept, dass die nicht betriebsnotwendigen Immobilien veräussert werden und die betriebsnotwendigen Einrichtungen im Eigentum der Gemeinde sind, so der Gemeinderat. Das Feuerwehrdepot samt umliegendem Land steht übrigens auf gemeindeeigenem Boden.
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Zwei Parteien bekämpfen den Verkauf (26.9.)
Drei Liegenschaften, die aktuell im Besitz der Gemeinde Münchwilen sind, sollen veräussert werden. Für die Häuser an der Waldeggstrasse 4, 5 und 7 ist die HRS Investment AG in Frauenfeld als Investorin bereit, 3,4 Millionen Franken binzublättern. Sie will dort eine Wohnüberbauung namens «Riverenza» errichten. Ob es dazu kommt, ist allerdings noch nicht sicher. Einerseits muss ein neuer Standort für den Werkhof gefunden werden. Ein Anbau beim Feuerwehrdepot ist derzeit die wahrscheinlichste Variante. Andererseits muss der Verkauf eine Mehrheit beim Volk finden. Am 20. Oktober wird an der Urne abgestimmt.
Der Verkauf scheint auf wackeligen Beinen zu stehen. Denn in Münchwilen brandet Widerstand auf. So sind die beiden Ortsparteien SVP und Grüne eine so genannt «unheilige Opposition» eingegangen und werben mittels Flyer gemeinsam für ein Nein. Mehrere Gründe werden angegeben. So fehle für den Werkhof eine tragfähige Lösung. Zudem wird die Bauweise von «Riverenza» bemängelt. Es geht um die geplanten Kompaktfassaden, die laut den Gegnern mit Bioziden behandelt würden. Baugifte würden ausgewaschen und in unmittelbarer Nähe zur Murg in die Umwelt gelangen. Ferner überzeuge das Projekt «Riverenza» architektonisch nicht und habe nur den Zuschlag erhalten, weil der Investor den höchsten Bodenpreis offeriert habe, schreiben die Gegner im Flugblatt. 33 Personen stehen mit ihrem Namen dafür ein, den Verkauf der Liegenschaften abzulehnen. Verwirrend ist die Tatsache, dass auf dem Flyer Bilder der Stadt Wil zur Illustration dienen – und nicht von Münchwilen.
Für den Verkauf der Liegenschaften sprechen sich neben dem Münchwiler Gemeinderat auch die beiden Ortsparteien FDP und CVP aus.

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So hat hallowil.ch über die Abstimmungs-Vorlage berichtet (7.9.):
Bereits im Herbst 2017 hat Münchwilens Gemeinderat öffentlich bekanntgegeben, das Wohnhaus an der Waldeggstrasse 4 verkaufen zu wollen. Aber auch die angrenzenden Liegenschaften mit den Hausnummern 5 und 7, die einer Asylunterkunft und dem Werkhof gehören, will der Gemeinderat verkaufen. «Denn alle drei Gebäude haben einen sehr hohen Sanierungsbedarf, der aus Sicht des Gemeinderats nicht zu rechtfertigen ist», betont Gemeindepräsident Guido Grütter mehrmals während der Pressekonferenz am Freitagvormittag. «Denn alle bisherigen Analysen zeigen, dass auch eine umfassende Sanierung den drei Immobilien keine Rendite, sondern Verluste bringt», weiss Grüter.
Deshalb gibt der Gemeinderat – knapp einen Monat vor der am 20. Oktober stattfindenden Urne – eine Abstimmungsbotschaft ab: «Aufgrund der Ausgangslage, der Gutachten, der Kosten und des Investorenwettbewerbs empfiehlt der gesamte Gemeinderat den Verkauf der drei Liegenschaften».
Die Immobilienstrategie
Doch wie ist es übehaupt dazugekommen, die drei sanierungsbedürftigen Gebäude verkaufen zu wollen? Die Gemeinde Münchwilen hat im Jahr 2012 ein externes Fachunternehmen damit beauftragt, alle Gemeinde-Immobilien auf ihren Zustand hin zu untersuchen. «Aus den Ergebnissen konnte die Gemeinde dann ableiten, wie mit den Immobilien weiter zu fahren und mit welchem finanziellen Aufwand zu rechnen ist», sagt Grütter. So wurden zwei Immobilienstrategien festgelegt: Nur betriebsnotwenige Immobilien im Eigentum behalten und diese energetisch sanieren. Oder: Nicht betriebsnotwendige Immobilien verkaufen und den Erlös in die Erneuerung der betriebsnotwendigen Immobilien reinvestrieren.
«Natürlich hätte man die drei Liegenschaften an der Waldeggstrasse einfach abreissen und dann noch mehr Grünfläche schaffen können», so Grütter. Aber Münchwilen habe mehr als genug grüne Erholungszonen. «Ausserdem ist Münchwilen kein Dorf, sondern ein urbaner und attraktiver Wohnraum», ist der Gemeindepräsident überzeugt.
Verkauf an Investor aus Frauenfeld
Stimmt das Münchwiler Stimmvolk dem Verkauf der drei Liegenschaften zu, wird die HRS Investment AG als Investorin 3,4 Millionen Franken hinblättern und anschliessend das Wohnüberbauungsprojekt «Riverenza» realisieren. Mit einem sogenannten Investorenkonkurrenzverfahren hat die Gemeinde vergangenes Jahr einige potenzielle Investoren gefunden. Die Frauenfelder HRS Investment AG hat neben zehn weiteren Bewerbungen das Rennen am Schluss gemacht. «Vor allem weil sie mit den 3,4 Millionen Franken den höchsten Landkaufpreis geboten hatte», führt Gemeindepräsident weiter aus. Andere Bewerber hätten weitaus weniger geboten. Eine beträchtliche Summe, wenn man weiss, dass der Verkehrswert der drei Liegenschaften 1,81 Millionen Franken beträgt. Der bietende Kaufpreis wurde im ganzen Wettbewerb mit 50 Prozent am stärksten gewichtet – die orts- und städtebauliche Güte 30 Prozent und die Bevölkerungsbewertung mit 20 Prozent «So schnitt das Projekt ‘Riverenza’ am besten ab», lässt Gemeindepräsident Grütter noch einmal Revue passieren. «Riverenza» ist eine Wohnüberbauung mit drei fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern. Für eines der Gebäude ist im Erdgeschoss ein für Gewerbe und Gastronomie gedacht. Übrigens sollen hier ausschliesslich Eigentumswohnungen angeboten werden.
Zuerst ist der neue Werkhof an der Reihe
«Ein allfälliger Bau des Siegerprojekts erfolgt erst, wenn ein neuer Werkhof an einem anderen Standort errichtet ist», informiert Gemeindepräsident über das weitere Vorgehen. Ursprünglich sei geplant gewesen, am 20. Oktober gleichzeitig über den Verkauf der drei Liegenschaften und Baukredit für den neuen Werkhof zustimmen. Denn zum geplanten Anbau an das Feuerwehrgebäude seien nun noch weitere Standort-Varianten dazugekommen. Eine zweite Variante wäre die Abwasserreinigungsanlage. Und die dritte Variante befinde sich auf einem Grundstück, das noch nicht eingezont ist. «Aber der Anbau beim Feuerwehrgebäude ist die beste Variante», erzählt Präsident Grüner offen.