Scheinbar die ganze Welt fordert «Zivilcourage», nur: Wie macht man das, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen? Und was ist Zivilcourage eigentlich? Die Uni Zürich betreibt ein Onlineportal, das verschiedene Informationen zum Thema zur Verfügung stellt. Dort heisst es: «Unter Zivilcourage verstehen wir mutiges Handeln, mit dem jemand seinen Unmut über etwas ohne Rücksicht auf mögliche Nachteile für sich selbst zum Ausdruck bringt. Sie bedeutet nicht wegzuschauen, sondern sich einzumischen.» Weiter heisst es: «Die Handlung orientiert sich an demokratisch-zivilgesellschaftlichen Grundwerten und erfordert persönlichen Mut, weil sie durchaus mit gewissen Risiken für die handelnde Person verbunden ist.»
Dieses «Einmischen» bedeutet nun aber nicht, dass man sich selbst direkt in Gefahr begeben soll, wie der Ratgeber «Zivilcourage zeigen» der Kapo St. Gallen deutlich macht: «Wären Sie das Opfer, würden Sie genau so auf die Hilfe von anderen Personen zählen. Zivilcourage zeigen muss aber nicht heissen, dass Sie sich aktiv einmischen und in Gefahr begeben müssen.» Konkret bedeutet das, dass es oft schon reicht, den Notruf zu alarmieren oder auch mit Vorgesetzten oder Lehrpersonen das Gespräch zu suchen. Letzteres sei manchmal genug, um die Situation zu klären oder mindestens um darauf hinzuweisen.
Gewalt im öffentlichen Raum
Bemerken Sie etwa Pöbeleien oder Gewalt im öffentlichen Raum, so rät die Kapo, die Situation zu beobachten und abzuwägen, welche Schritte sinnvoll seien. «Droht ein Streit in eine Schlägerei zu eskalieren oder ist dies bereits geschehen, könnte eine Schlichtung Ihrerseits gefährlich werden, weil die Beteiligten in Rage sind.» In diesem Fall sei die Polizei über den Notruf 117 zu alarmieren. Bestenfalls fänden Sie zudem weitere Personen, die Ihnen unterstützend zur Seite stehen und die ebenfalls eine Beurteilung der Situation abgeben könnten. Prägen Sie sich die Situation unabhängig von weiteren Helfenden möglichst gut ein, so kann die Arbeit der Polizei später erleichtert werden. Zudem sollte möglichen Opfern geholfen werden, «sobald sich die Täterschaft entfernt hat».
Verbale Auseinandersetzungen
Treten Sie hingegen an einen Streit heran, der mit Worten ausgetragen wird, so könne es durchaus sinnvoll sein, einzugreifen. Aber auch hier rät die Kapo: «Gehen Sie nicht einfach unüberlegt dazwischen, sondern probieren Sie, mit den Parteien das Gespräch zu suchen und ihnen zuzuhören.» Beleidigungen, Drohungen und Körperkontakt seien dabei zu vermeiden, eine Frage hingegen wie «was ist passiert?» können deeskalierend wirken. Überhaupt sei es wichtig, neutral zu bleiben. Es gelte zudem, die allenfalls unterlegene Partei aus dem Gespräch zu «entfernen» und mit der stärkeren Partei weiter zu sprechen. Dies könne etwa geschehen, indem man die unterlegene Person zu sich in die Nähe bittet. Damit kläre sich die Situation manchmal bereits. Wenn diese Schlichtungsversuche allerdings nichts nützten und Gefahr drohe, so sei auch bei verbalen Auseinandersetzungen die Polizei zu alarmieren.
Verdacht auf häusliche Gewalt
Haben Sie Anlass zu glauben, dass ein Fall von häuslicher Gewalt vorliegt, etwa wenn Sie Schreie oder Schlaggeräusche aus einer Wohnung hören, so sei das beste, die Polizei zu alarmieren. Meist das sei das der einzige Weg, Hilfe zu leisten. So heisst es im Ratgeber denn auch: «Helfen nützt in jedem Fall etwas, Wegschauen in jedem Fall nichts. Aus Sicht der Opfer ist es immer besser, einmal zu früh den Notruf gewählt zu haben als einmal zu spät.»